Die Vergabeberatung, -abwicklung und -begleitung wird immer mehr zur Ware, insbesondere auch im Bereich kommunaler Auftraggeber. Beispielhaft genannt seien hier Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Beschaffung von Kommunalfahrzeugen (insbesondere für die Feuerwehr und den Bauhof), Informations- und Kommunikationstechnik (etwa für Schulen), Verpflegungsleistungen (für KiTas und Schulen), Versicherungsleistungen, Büromaterial usw.

Zahlreiche Dienstleister, die weit überwiegend keine Rechtsanwälte sind, betätigen sich auf diesem Gebiet; und dies, obwohl der Großteil der Geschäftsmodelle gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstößt und es sich bei vielen der angebotenen und erbrachten Leistungen und Rechtsdienstleistungen handelt, die Rechtsanwälten vorbehalten sind.

Obergerichtlich bestätigt

Die jüngere Rechtsprechung zeigt (vgl. LG Magdeburg, Urt. v. 15.09.2021, Az. 7 O 1109/21), dass kaum ein extern begleitetes oder gar durchgeführtes Vergabeverfahren ohne die Erbringung von Rechtsdienstleistungen auskommt. Dies umso mehr, wenn unter Einbeziehung von Zuwendungen beschafft werden soll.

Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 25.05.2022 – VII-Verg 33/21) hat zudem jüngst explizit festgestellt, dass Rechtsdienstleistungen insbesondere – also nicht abschließend – sind: 

  1. die Erstellung des Vergabevermerks, 
  2. die Ermittlung der Vergabeverfahrensart, 
  3. die Klärung der Losaufteilung, 
  4. die Festlegung und Gewichtung von Eignungs- und Zuschlagskritieren,
  5. die Beantwortung von Bieterfragen mit vergaberechtlichem Bezug (wer hat schon mal eine Bieterfrage ohne einen solchen Bezug gesehen?), 
  6. die formale Angebotsprüfung, 
  7. die Eignungsprüfung und 
  8. die Fertigung von Aufklärungsschreiben.

Eine umfassende Darstellung des Themas findet sich in dem Beitrag „Beschaffungsdienstleistungen auf dem rechtlichen Prüfstand“ in der Fachzeitschrift BRANDSchutz, Ausgabe 1/22 (ab Seite 51), in dem Aufsatz „Wann ist Vergabeberatung Rechtsdienstleistung?“ in der Juni/Juli-Ausgabe von „Der bayerische Bürgermeister“ sowie (verkürzt) im Behörden Spiegel, Ausgabe Dezember 2021, Seite 10.


Klare Worte auch in der Begründung zum Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG)

Schon der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und anderer Gesetze“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 02.07.2020 in seinem Art. 1 zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen klar, dass der Gesetzgeber unter „Leistungen im Zusammenhang mit Vergabeverfahren“ von Architekten und Ingenieuren die Unterstützung des Auftraggebers bei der Erarbeitung der Leistungsbeschreibung oder der Prüfung und Wertung der Angebote versteht, und gerade nicht die vollumfängliche Abwicklung von Vergabeverfahren, zumal gegen Entgelt (s. u.) (vgl. B. Besonderer Teil, zu Artikel 1, zu Nummer 1 des Referentenentwurfs).


Vergaberecht ist schweres Recht

Und dass es sich beim Vergaberecht um eine komplexe rechtliche Materie handelt – oder, wie es das OLG Rostock formuliert (Beschl. v. 13.09.2021 – 19 Verg 4/21), das Vergaberecht schweres Recht ist – zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer am 16. März 2015 in Berlin die Einführung der Fachanwaltsbezeichnung für Vergaberecht beschlossen hat und diese im Herbst 2015 in Kraftgetreten ist.


Vergabeberatung ist nicht nur untergeordnete Nebenleistung

Die vollumfängliche Begleitung bzw. Durchführung eines Vergabeverfahrens beinhaltet Rechtsdienstleistungen, die auch keine Nebenleistungen (mehr) sind (so auch Remmertz, in „Aktuelle Entwicklungen im RDG – Alternative Rechtsdienstleister auf dem Vormarsch“, BRAK-Mitteilungen 5/2019, S. 219, 225 f.; m.w.N.). Beratungsleistungen im Vergabe- und Vertragsrecht, wie sie bei einem Vergabeverfahren notwendig sind, sind auch nicht einer anderen Haupttätigkeit untergeordnet, sondern stehen jedenfalls auf gleicher Stufe mit weiteren etwa betriebswirtschaftlichen und/oder technisch-fachlichen Beratungsleistungen (vgl. hierzu auch LG Hamburg, Beschl. v. 25.10.2021 – 312 O 272/20). Eine rechtliche Prüfung im Einzelfall ist besonders bei der Zusammenstellung von Vertragsrechten und -pflichten im Rahmen von abzuschließenden Verträgen geboten (LG Köln, Urteil v. 08.10.2019, Az.: 33 O 35/19).

Die Entscheidung der VK Südbayern vom 22.12.2015 (Az.: Z3-3-3194-1-48-09/15) stellt die aufgeworfenen Rechtsfragen sehr gut dar. Die dortige Entscheidung ist auf Vergabeberatungsaufträge quasi 1:1 übertragbar.

Rechtliche und technische Beratung durch nur eine (1) Person kann zudem unserer Ansicht nach den qualitativen Ansprüchen eines (öffentlichen) Auftraggebers nicht genügen, was ein weiterer Grund ist, weswegen wir in dieser Konstellation anbieten. 

Wie ein Beschaffungsvorhaben auch laufen kann, zeigt eindrucksvoll ein entsprechender Beitrag auf „Mittelbayerische“: 

www.mittelbayerische.de/[...]/gelder-fuer-neues-fahrzeug-blieben-aus[...]


Versicherungsschutz – Verbot widerstreitender Interessen – Fremdfinanzierungsverbot

Einen weiteren interessanten Aspekt beleuchtet die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.08.2015 (Az.:  23 U 13/13): Dort beschäftigt sich der Senat mit der Frage nach einem etwaigen Bestehen von Versicherungsschutz im Falle der Schlecht-/Falschberatung, auch von Rechtsfragen. „Normale“ Berufshaftpflichtversicherungen von nicht-anwaltlichen Vergabeberatern beinhalten in der Regel keinen Versicherungsschutz für rechtswidrig erbrachte Beratungsleistungen – was bei einem Verstoß gegen das RDG der Fall ist.

Auch unterliegen Rechtsanwälte rechtlichen Einschränkungen wie dem selbstverständlichen Verbot widerstreitender Interessen, Fremdfinanzierungsverbot und Haftung für Mängel der Beratung nebst obligatorischer Haftpflichtversicherung, damit die Interessen unserer Mandanten quasi schon „von Amts wegen“ bestmöglich gewahrt werden.


Rechtsanwalt kann nicht Unterauftragnehmer eines Nicht-Anwalts sein

Schließlich ist ein nach § 3 RDG verbotener Vertrag auch dann verboten und nichtig, wenn der Verpflichtete sich der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient (BGH, Urt. v. 7.12.2017 – IX ZR 45/16 m. w. N.). D. h. ein nichtanwaltlicher Berater – z. B. ein Ingenieurbürokann sich nicht eines Rechtsanwalts als Unterauftragnehmer bedienen, um Ihnen gegenüber rechtliche Beratungsleistungen (z. B. Erstellung vertraglicher Regelungen, Prüfung vergaberechtlicher Fragestellung u. Ä.) bedienen. 


Gerne stehen wir Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung und erstellen Ihnen ein individuelles Angebot.